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[4 ottobre] Mehr infos jetzt
by _ Sunday, Oct. 05, 2003 at 12:06 PM mail:

a really cool german report

MissY 05.10.2003 02:42

Nichts für ungut, aber diese Kurzmeldung kann ich nicht so stehen lassen. Ich hoffe sehr, dass die für später angekündigten Infos eine ganz große Ecke präziser und seriöser werden, weil das, was hier steht zwar gut gemeint ist, aber ehrlich gesagt trotzdem und gleich doppelt und dreifach unerträglich ist.

Ein hoffentlich etwas tiefer reflektierter weiterer Bericht sei willkommen, ein kleine eigene Beigabe zum bisher vorliegenden Text kann ich mir dennoch nicht verkneifen:

Die (ebenfalls ganz schön verkürzten) basics zum Treffen lasse ich außen vor, beginnen wir mit dem Satz: "Mehrere Hunderttausend Menschen sind dieses Wochenende in Rom unterwegs, um gegen das Treffen und die Politik der EU zu protestieren und eigene Vorstellungen einer gerechteren Welt entgegenzusetzen". Das stimmt so nicht ganz. Allein als Demo gegen das Traktat wäre die Sache entschieden kleiner ausgefallen, so viel muss klar gestellt werden. Der Protest gegen den EU-Verfassungsentwurf ist engstens einhergegangen mit dem grundsätzlichen Protest gegen alle neoliberalistischen Umtriebe, die das Leben der Menschen immer schwerer machen und last not least gegen die von den italienischen Teilnehmern definitiv als sehr ernst empfundene Bedrohung der Demokratie, in Italien im Speziellen und in Europa im Allgemeinen.

Nicht von ungefähr lautete das Motto der Demonstration der sozialen Foren "Ihr 15, wir 400.000.000", in Anspielung auf die Tatsache, dass eine völlig ageschottete und nicht kontrollierte Elite an über 400.000.000 Menschen vorbei eine ganze Reihe demokratischer Grundsätze beschneidet. Weil Herr Berlusconi außerdem förmlich danach lechzt, dieses Machwerk unter seiner EU-Präsidentschaft verabschieden zu lassen, um sich mit eben diesem Glanzstück schmücken zu können, war es für viele Italiener und Italienerinnen um so wichtiger, so kraftvoll wie möglich ihre Opposition zu demonstrieren. Einige Großtaten des Zwergen (Berlusconi wird landauf, landab gerne "il nano", der Zwerg, genannt) haben in den letzten Wochen eine ganze Reihe Menschen sehr kurzfristig aber drastisch motiviert, den Termin in Rom mit Entschlossenheit wahrzunehmen.

Dazu gehört die Aussage Berlusconis (sinngemäß), dass Mussolini ein guter Mann war, der keinen einzigen Menschen umgebracht hat und Dissidenten netterweise in wunderschöne Gegenden nicht in die Verbannung sondern "in Urlaub" schickte. Angesichts der landesweiten Entrüstung frotzte der Zwerg hinterher, er sei angeschwipst gewesen, das habe der Champagner beim Interview angerichtet. das dementierten allerdings die zwei britischen Journalisten des "Spectator" die eigentlich als große Fans des Zwerges galten, vehement. Beim Interview sei nur Eistee geflossen. Viele Italiener haben durchaus noch einen Schimmer von Antifaschismus und von Würde im Herzen, trotz der jahrzentelangen, massiv US-gesteuerten, illegalen und schmutzigen Handlungen um diesem Volk den Sinn für widerstand und sozialistische bzw. kommunistische oder schlimmer noch anarchistische Allüren auszutreiben. Der Ruf "ALLE NACH ROM AM 4. OKTOBER" wurde in Zusammenhang mit dieser Geschichte erst richtig laut. Die Bewegungen sind auf der Ebene der Aktionsformen gespalten, doch inhaltlich war alle klar, dass dieser Termin unbedingt ein starker Termin werden musste, weil es definitiv brennt, im Land.

Während der Ministerpräsident weiter mit seinen im Ausland leider viel zu wenig ernst genommenen verbalmonströsitäten um sich warf, passierte u.a. der Gestzesentwurf zur Justizreform die erste Instanz. Danach sollen das richterliche Amt und die Staatsanwaltschaft getrennt werden, den Richtern wird u.a. verboten Parteien anzugehören, sich Bewegungen anzuschließen, an Demonstrationen teilzunehmen, Texte in politischen Blättern zu veröffentlichen und noch viel mehr. (Im Getriebe der Legislative steckt schon länger ein weiteres Gesetz, das wie zu Faschistenzeiten Haftstrafen für Journalisten wegen Verleumdung vorsieht). Jetzt sollen Staatsanwälte nur noch im Namen des Generalstaatsanwalts mit Journalisten sprechen dürfen. Bei einer Parlamentarischen Debatte um die pränatale Implantationsdiagnostik beschimpfen wenig später mehrere männliche Abgeordnete öffentlich weibliche Abgeordnete als Huren und dergleichen, so dass selbst die für die Rechte im Parlament sitzende Enkelin Mussolinis wegen der sexistischen Exzesse der Kollegen und Koalitionspartner irgendwann völlig ausrastete. Noch ein wenig später rollt eine Durchsuchungswelle über das Land, 50 mal wird zugeschlagen, die Medien greifen auf: Ökoterrorismus, Randale beim jüngsten Treffen der EU-Security-Lords in Riva del Garda. Ein Einbruch findet statt. In den Büros von Amisnet, einer digitalen Gegenöffentlichkeitsinitiative, werden wertvolle Gegenstände wie teuerste Mikros, ein spitzen-laptop und degleichen links liegen gelassen. Es fehlen lediglich die back-ups der Funkübertragungen von Genua 2001. Und die Originale. Die akkurat versteckt waren. Berlusconi verlangt derweil die Namen der Abgeordneten, die nicht anwesend waren, als ein klitzekleiner Teil eines Gesetzes keine Zustimmung fand, das ihm die Beibehaltung der Herrschaft über mehrere Sender sichert. Der Widerspruch eines jungen Carabiniere, der weil er gesagt hatte dass nicht alle Demonstranten Gewalttäter sind aus dem Heer geflogen war wird abgewiesen.

Kein Tag vergeht in Italien ohne unglaublich heftige Ereignisse, die hier aufgezählten Dinge sind nur ein minimaler Bruchteil dessen, was sich allein in den allerletzten zwei bis drei Wochen abgespielt hat. Nachdem der Zwerg auf gleichgeschalteten Kanälen eine Rede an die Nation gehalten hatte, die ein weiteres mal Hunderttausende erzürnte, weil in ihr schlimmste soziale Einschnitte quasi als Maßnahmen des Ausnahmezustands (dem ewigen Vorwand aller verdeckten Diktatursysteme)locker flockig dem Land ins Gesicht geschmettert wurden (Die Einkommen in Italien sin in diesem Sommer um fast 4% gesunken) ging am 3. Oktober die Rentenreform an den Start. Drei dubiose, mit Brandsätzen bestückte Briefbomben werden an Behörden geschickt. Die Medien toben. In der Nacht zum 4. Oktober wird dann ein zentral in Rom gelegenes Büro der Basisgruppen Cobas von Zivilbeamten durchsucht, die es nicht einmal für nötig halten, sich zu erkenen zu geben? Waren es Carabinieri? War es Digos? War es Antiterrorismo? Finanzpolizei? Die Betroffenen konnten es nach der Durchsuchung nicht sagen. Es kann losgehen. Der 4. Oktober ist da. Die Spannung hoch 10. Es wird berichtet, dass weit weniger gesungen ud getantzt wurde, als es früher immer war. So viel zum state of democracy in Italien. Soviel zu diesem 4. Oktober.

Dieser 4. Oktober bleibt zwar ein Protesttag gegen den EU-Verfassungsentwurf. Er ist aber unbedingt auch in Zusammenhang mt der inzwischen ins dramatische kippenden Situation in Italien zu sehen. Alles andere wäre ein Affront gegen die tatsächlich mutige(n) Bewegung(en), die auf die Straße gegangen ist(sind), wenn auch sie am Ende dieses Tages mal wieder in Zoff ertrinkt(ertrinken), weil die Spaltung um die Gewaltfrage vortrefflich gegriffen hat. Herr Agnoletto vom ESF war schon von Anfang an auf hartem Kurs, er kündigte bereits im Vorfeld an, seine Demonstration habe mit etwaigen Gewaltakten einfach nichts zu tun. Faktisch erklärte er jede und jeden, der sich für radikalere Protestformen entscheidet, einfach zum Fremdkörper. Die Gewerkschaften hatten sich für die Formel räumliche Distanz (andere, weit entfernt verlaufende Demo) gegen Bereitschaft zu vorsichtigen politischen Dialog in Hinblick auf weitere Kampftermine in den nächsten Wochen entschieden, wobei abzuwarten bleibt, wie der heutige Tag mit seinen Wunden aufgearbeitet wird, um die reale Tiefe eines Dialogs über die nächsten, eigentlich schon bald bevorstehenden politischen Termine zu bewerten.

Die Disobbedienti traten mit gut 1000 aktiven Leuten und weiteren Sympathisanten gemäß der angekündigten Linie auf: Die Konferenzstätte erreichen und dort den Dissens durch aktionistisch-symbolischen Ausdruck direkt beim Adressaten kundzutun. Frauen mit Helmen und Schutzschildern sollen á la Cancun die Polizeisperre durchbrechen. Kurzfristig wird der Vorstoß umgesetzt, dann passiert aber nichts mehr und die Polizei greift an. Während die nationalen Sender der Forderung der Gewerkschaften nach einer Live-Übertragung ihrer Demo ein klares NEIN erteilt hatten sendet der Privatsender LA7 die Disobbedienti-Aktion und den Polizeiangriff live. Wie schon Tausend Mal geschehen, wird den Freunden der symbolischen Protesthappenings massiv vorgeworfen, mit ihren selbstdarstellerischen Inszenierungen die Repressionsmaschinerie in Gang gesetzt zu haben, ohne anschließend auch zu kämpfen. Lautstark stellen gleich mehrere andere Teile der Bewegung der Bewegungen ihre demonstrativen Kommunikationsguerrillataktiken in Frage.

Diesmal ist der Zorn offenbar besonders groß: die Demonstrationsteilnehmer haben heute richtig böse Dresche bekommen, die nicht in den Disobbedienti-Aktionen involvierten Teilnehmer blieben nicht unverschont, es heißt, gerade 10 von 1000 Disobbedienti hätten sich der Auseinandersetzung mit der Polizei gestellt (die dafür richtig im Mann-gegen-Mann Kampf)und die ganze Demo der Polizeigewalt ausgesetzt. Die Disobbedienti (an der Demonstrationsspitze) wiederum schieben den schwarzen Peter auf die in einem großen Block am Demonstrationsende aktiv gewordenen so genannten anarcoinsurrezionalisti, die wiederum sowohl mit den Disobbedienti als auch mit der Zivilgesellschaft zanken (insurrezione=Aufstand, beide hauen sich beinahe die Köppe ein, die einen hindern die anderen an einige Aktionen, die gemäßigten Flügel der sozialen Bewegungen zeigen sich sauer auf beide Gruppen.

Wenn aber von Hunderttausenden auf der Straße die Rede ist, dann muss auch klar sein, dass diese Menge rein Mengenmäßig in der Hauptsache aus unzähligen Arbeitern, Arbeitslosen, Studenten und nach vielen Berichten bemerkenswert vielen Rentnern bestand. Die wegen der heftigen Auflösung der Demonstration kaum Zeit hatten, diese überhaupt zum Ende zu führen. Bleibt nur der lachende Dritte: Der Staat mit seiner Ordnungspraxis. Das klare Ziel, ein sehr entschlossenes Protestpotential so zügig und drastisch wie möglich einzugrenzen und aufzulösen wurde mit vollem Erfolg erreicht. Das markante an diesem 4. Oktober ist eigentlich, dass es eine Art operative Premiere gegeben hat (nix wie gewohnt: die Brutalität der italienischen Polizeien bleibt unverändert, aber konzeptionell und operativ ist einiges passiert..!): erstmals hat der italienische Staat bzw. haben es seine Polizeien es geschafft, eine solche Situation so zu managen, wie es hierzulande längst Gang und Gäbe ist.

Das ganze ging in Genua noch gehörig schief. Nach zwei Jahre fleißigen Lernens und Umstrukturierens ist es nun offenbar vollendet. Die von massiven Vorhut- und Nachhutposten begleitete Demonstration der sozialen Bewegungen wurde in drei Teile aufgebrochen, die Spitze systematisch von vorne und seitlich eingekesselt. Ausgiebig hatten mit den gemäßigten Flügeln die zuvor in Italien wirklich nicht gekannten Kooperationsgespräche stattgefunden. Sobald die Spitze an den so genannten Abschlussort kam, war zdann zügigste Auflösung via niedrige Einschreitschwelle angesagt. Niedrige Einschreitschwelle, nicht rote Zone(!). Eine rote Zone gab es nämlich nicht. Zumindest offiziell. Da kommt die niedrige Einschreitschwelle gerade recht, samt daraus folgender gewaltsamer, rascher Auflösung der Demonstration zum frühest möglichen Zeitpunkt. Die vielen zersprengten Teilnehmer konnten dann Stunden lang warten, um abzuziehen, weil dies nur per U-Bahn möglich war.

50 Personen wurden in Gewahrsam genommen, darunter zwei deutsche. Alle sind wieder auf freiem Fuß, bis auf zwei Männer aus Mittelitalien. Positiv an diesen Protesten bleibt nur die Entschlossenheit vieler Teilnehmer, ansonsten ist die Bilanz aber alles andere als berauschend. Ich persönlich bin sehr besorgt. Der wachsende Unmut gegen Berlusconi und die Angriffe aud Demokratie und Sozialstaat wird es nicht leicht haben, sich zu artikulieren. Deshalb finde ich es wichtig, nicht allzu blauäugig einen massenhaften Protest zu feiern weil eben so traumhaft massenhaft und auch noch mit Straßenschlacht. Es ist ein Protest unter sehr harten und überaus gefährlichen Bedingungen, der nur eine Chance hat, wenn er weiter wachsen kann. Dagegen werden aber die härtesten Geschütze aufgefahren weden.

Als letztes noch ein wenig Zahlenmagie: Die Gewerkschaften haben von 250.000 auf der Demo der Gewerkschaften gesprochen. Die andere, sehr weit entfernt von der ersten stattfindende Demonstration sollen laut l´Unitá bis zu 100.000 Leute getragen haben, Repubblica spricht von 50.000 Leuten insgesamt, die Polizeibehörde untertreibt wiederum maßlos und zählt 15.000 bei den Gewerkschaften und 5.000 bei der no global Demo. "Hunderttausende" ist aber nicht nur wegen der zahlentechnischen Übertreibung (wie gesagt, nix für ungut) ein Problem. Das größere Problem ist das Wunschdenken, das in jeder Zeile des Textes, den ich hier ergänzt habe, steckt. Ich kann nicht damit leben, weil es viel zu vereinfachend mit dem, was da los ist umgeht und nicht den Dingen entspricht, wie sie sind. So wird voll an der wirklich zunehmend dramatischen Situation in Italien vorbeigesegelt. Damit kann ich nicht leben.

La pace tra gli oppressi, la guerra agli oppressor - Friede zwischen den Unterdrückten, Krieg den Unterdrückern.

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